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Weitere Themen

Vier Studentinnen gehen durch ein Hochschulgebäude
Jan von Allwörden/DAAD

Neben den Bologna „Key Commitments“ (Studienstruktur, Anerkennung, Qualitätssicherung) gibt es eine ganze Reihe von weiteren Themen, die für die Zukunft des Europäischen Hochschulraums eine hohe Relevanz haben.

Die Mitglieder des Europäischen Hochschulraums haben die große Bedeutung internationaler Mobilität für die Vollendung des Europäischen Hochschulraums bereits frühzeitig erkannt. Im Abschlusskommuniqué der Ministerkonferenz von Leuven (2009) verständigten sie sich erstmals auf ein konkretes Mobilitätsziel: Bis zum Jahr 2020 sollten mindestens 20 % der Graduierten im Europäischen Hochschulraum einen Studien- oder Praktikumsaufenthalt im Ausland absolviert haben.

Deutschland übertrifft diese 20%-Zielmarke seit langem. Für den EHR insgesamt muss man in der Bilanz aus heutiger Sicht jedoch feststellen, dass dieser Wert noch nicht erreicht wurde. In der Ministererklärung von Rom 2020 wird diese Zielsetzung daher erneut bekräftigt, verbunden mit dem Auftrag allen Lernenden durch die Internationalisierung der Curricula den Erwerb internationaler und interkultureller Kompetenzen zu ermöglichen.

Nicht nur die Studierenden stehen beim Thema Mobilität im Fokus, sondern auch die Internationalisierung des Hochschulpersonals. Durch den internationalen Austausch können auch Hochschulangehörige aus Lehre und Verwaltung internationale Erfahrungen sammeln und durch Anwendung neu gewonnener Methoden und Kompetenzen zur Internationalisierung und Qualitätssteigerung ihrer Heimathochschule beitragen. Internationale Mobilität ist somit ein geeignetes Instrument zur persönlichen Weiterentwicklung von Studierenden und Hochschulangehörigen und dient zugleich der institutionellen Stärkung der Hochschulen sowie dem langfristigen Aufbau internationaler Hochschulkooperationen.

Ein wichtiges Element des Bologna-Prozesses ist die sogenannte "Soziale Dimension" in der Hochschulbildung. Mit ihr verbindet sich das Ziel, dass sich die Vielfalt in der Europäischen Bevölkerung auch im Kreis der Studierenden und Hochschulabsolventen widerspiegeln soll. Studierende aus unterrepräsentierten und benachteiligten Gruppen stehen dabei besonders im Fokus. Dieser Ansatz für mehr Inklusivität berücksichtigt vielfältige Aspekte des persönlichen und sozioökonomischen Hintergrunds und umfasst damit beispielsweise Studierende mit Familienaufgaben, aus Nicht-Akademikerhaushalten, mit Migrationshintergrund, ausländische Studierende, Studierende mit chronischen Krankheiten oder einer Behinderung sowie beruflich Qualifizierte ohne schulische Hochschulzugangsberechtigung.

Die bisherige Bilanz auf diesem Feld ist im EHR durchaus noch ausbaufähig, denn die Teilhabe unterrepräsentierter Gruppen an der Hochschulbildung hat sich im Laufe des Bologna-Prozesses noch nicht signifikant verbessert. So ist es nicht verwunderlich, dass das Thema bei den vergangenen Ministerkonferenzen stärker in den Vordergrund getreten ist. Es wird auch zukünftig eine maßgebliche Rolle für die Entwicklung des EHR spielen.

Der Themenbereich „Lebenslanges Lernen“ steht in enger Verbindung zur Sozialen Dimension. Es ist erklärtes Ziel innerhalb des EHR, die Hochschulen für neue Studierendengruppen zu öffnen. Dazu gehört auch, den Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte zu erleichtern. Hiermit soll unter anderem auf den wachsenden Fachkräftebedarf reagiert, Chancengleichheit hergestellt und auf die geänderten Ansprüche des Arbeitsmarktes eingegangen werden. Lebenslanges Lernen („Up-skilling“/“Re-skilling“)und die Beschäftigungsbefähigung ("Employability") der Absolventen sind damit weitere Bestandteile der Reform-Agenda. Im Bologna-Kontext geht es dabei u.a. um die Entwicklung von flexiblen Lernwegen, um die Anrechnungsmöglichkeiten von früheren Qualifikationen und Lernergebnissen (z.B. auch durch sogenannte „Micro-credentials“) und den Ausbau eines Nationalen Qualifikationsrahmens.

Die Digitalisierung im Hochschulbereich fand erstmals 2015 Eingang in das Kommuniqué der Ministerkonferenz. Die weitreichenden Auswirkungen der Digitalisierung für den EHR verbinden die nachfolgenden Ministererklärungen mit dem Auftrag an die Hochschulen, in die Entwicklung digitaler Fähigkeiten und Kompetenzen von Lehrenden und Studierenden zu investieren.

Auf EU-Ebene ist der „Digital Education Action Plan“ die zentrale Initiative der Kommission für die Digitalisierung im Bildungsbereich. Natürlich umfasst sie dabei nicht den gesamten EHR mit seinen 49 Mitgliedstaaten, dennoch wird diese für den Zeitraum 2021-27 angelegte Initiative für die EU-Mitgliedstaaten im EHR von zentraler Bedeutung sein.

Für Deutschland beschreiben die Strategien von KMK („Bildung in der digitalen Welt“) und BMBF („Bildungsoffensive für die digitale Wissensgesellschaft“) die zahlreichen Möglichkeiten der Digitalisierung im Hochschulbereich. So kann die Digitalisierung beispielsweise einen Beitrag dazu leisten, die Attraktivität und Sichtbarkeit der Hochschulen durch neuartige Bildungsangebote zu erhöhen. Durch die Digitalisierung können ebenso neue Zugangswege zur Bildung geschaffen werden, so dass hier auch ein enger Zusammenhang mit der Sozialen Dimension des EHR besteht. In diesem Kontext – das hat die Covid19-Pandemie gezeigt – ist auch der Abbau von Ungleichheiten beim Zugang zu digitaler Infrastruktur von zentraler Bedeutung.

Das Kommuniqué der Ministerkonferenz von Rom (2020) schreibt der Hochschulbildung eine Schlüsselrolle für das Erreichen der „Sustainable Development Goals“ (SDGs) der Vereinten Nationen zu. Durch Forschung, Innovation, Bildung und Engagement können die Hochschulen einen wesentlichen Beitrag leisten, um globale Herausforderungen wie die Auswirkungen des Klimawandels beherrschbarer zu machen. Gemäß des Konzepts von Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) sollen sie ihre Studierenden zu aktivem kritischem Engagement als verantwortungsbewusste Bürger befähigen, und diesen zugleich im Studium und im Zuge des lebenslangen Lernens (Weiter-)Bildungsmöglichkeiten für die Entwicklung und Anwendung neuer Technologien und Methoden anbieten.

Das Bekenntnis des EHR zu nachhaltiger Entwicklung erfordert von den Hochschulen auch, das Thema als strategisches Ziel aufzufassen und es in der Hochschul-Governance zu verankern – dies betrifft Organisation und Finanzierung, Inhalt und Methoden von Lehre und Forschung sowie die Interaktion der Hochschulen mit der Gesellschaft.

Die „fundamental values“ sind von Anbeginn des Bologna-Prozesses ein fest verankerter Grundsatz des Europäischen Hochschulraums; sie sind jedoch ebenso ein Zukunftsthema der nächsten Dekade. Lange als Selbstverständlichkeit angenommen, sind die akademische Freiheitsrechte in einzelnen Ländern des EHR in der jüngeren Vergangenheit verstärkt unter Druck geraten.

Unter diesem Eindruck hat der Schutz der Grundwerte in den Kommuniqués der Ministerkonferenzen in den letzten Jahren kontinuierlich an Bedeutung gewonnen. Die akademische Freiheit, die Autonomie der Hochschulen, die Governance-Beteiligung von Studierenden und Hochschulangehörigen sowie die „public responsibility“ der Hochschulen bilden das Rückgrat des Europäischen Hochschulraums – so stellte es die Ministererklärung von Paris 2018 fest. Die Minister erklärten darin, sich nachdrücklich dafür einzusetzen, dass die Grundwerte durch intensivierten politischen Dialog und Zusammenarbeit im gesamten EHR gefördert und geschützt werden. Mit der Ministerkonferenz von Rom 2020 ist das Thema Grundwerte nun noch stärker in den Mittelpunkt gerückt.

Mit Initiativen wie dem „Appell zur Stärkung des Europäischen Hochschulraums“ und weiteren Stellungnahmen hat sich auch der DAAD wiederholt für die akademischen Freiheitsrechte eingesetzt und wird dieses Engagement weiter fortführen. So nimmt das Thema Grundwerte auch in den Aktivitäten des bologna hub einen zentralen Platz ein.

Der Austausch mit Hochschulgemeinschaften jenseits des EHR ist ein wichtiges Ziel des Bologna-Prozesses. Inzwischen gehören 49 Staaten dem EHR an und auch in seinen Nachbarregionen sind Reformen im Hochschulbereich zum Teil stark vom Vorbild des Bologna-Prozesses geprägt.

Der Dialog mit Staaten aus anderen Teilen der Welt ist expliziter Auftrag der Bologna-Arbeitsgruppe zum „Global Policy Dialogue“, in der sich auch die NA DAAD engagiert. Nicht zuletzt unter dem Eindruck der jüngst neu verfassten EU-Regionalstrategien (EU-Zentralasien-Strategie 2019, EU-Afrika-Strategie 2020) gilt es, diesen Austausch zu verfestigen und zu vertiefen.

Dabei kann der EHR beispielsweise eine führende Rolle im Bereich der Anerkennung von Studienleistungen spielen und sich dafür einsetzen, dass sich die Prinzipien der Anerkennung aus der Lissabon-Konvention auch im globalen Maßstab durch Anwendung der „UNESCO Global Recognition Convention“ durchsetzen.

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