Erasmus+ Enriching lives, opening minds.

6. Fazit

Trotz schwieriger pandemie-bedingter Umstände haben sich die befragten Studierenden auf das Wagnis eines Studienaufenthalts an einer ausländischen Gasthochschule eingelassen. Damit verbunden war eine Reihe deutlicher Umstellungen: Ein Großteil der Studierenden musste an den Gasthochschulen den Umgang mit weitgehend neuen, virtuellen Lehrformaten erlernen. Ein knappes Drittel von ihnen musste sich zusätzlich, entgegen ihren ursprünglichen Wünschen eines physischen Aufenthalts im Ausland, auf ein bis dahin selten praktiziertes hybrides oder rein virtuelles Aufenthaltsformat einstellen.

Als wichtigste Ergebnisse der Umfrage kann Folgendes festgehalten werden:

  • Auch wenn viele Studierende weiterhin der physischen Lehre den Vorzug geben, so nehmen sie dennoch auch die virtuellen Lehrformate insgesamt positiv auf. Eine unterstützende Wirkung ist hier auch den Förderprogrammen Erasmus+ und PROMOS zuzuschreiben, in deren Rahmen neben physischen auch hybride und virtuelle Studienaufenthalte gefördert wurden.
  • Bei den Freizeit und Betreuungsangeboten der Hochschulen ist ein ähnlicher Trend zu beobachten: Auch hier bevorzugen die Studierenden aus verschiedenen Gründen die physischen Angebote, dies vermutlich nicht zuletzt aufgrund der Möglichkeit, interkulturelle Erfahrungen zu sammeln. Aber auch die virtuellen Angebote werden akzeptiert und angenommen. Ebenso scheint das Erlernen von Fremdsprachen auch auf virtuellem Wege immerhin moderate Fortschritte zu ermöglichen.
  • Beim wichtigen Aspekt der Anerkennung der an der Gasthochschule erlangten ECTS-Kreditpunkte fällt das Ergebnis sogar sehr positiv aus: Die Anerkennungsrate konnte insgesamt noch einmal gesteigert werden und hinterließ bei einem Großteil der Studierenden, unabhängig von ihrer Aufenthaltsart, eine große Zufriedenheit.
  • Im Vergleich zu vorangegangenen Umfragen sind bei der Gesamtbeurteilung ihres Studienaufenthalts allerdings Einbußen zu verzeichnen: Die Zufriedenheitsrate des Aufenthaltes fällt in der Umfrage von 2021 mit 83% gegenüber den Raten vorheriger Umfragen von mehr als 90% zurück. Ursachen dieses Rückgangs sind vor allem die weniger positiven Einschätzungen der Studierenden, die einen hybriden und einen virtuellen Studienaufenthalt praktizierten. Zu berücksichtigen ist hierbei allerdings, dass ein Großteil dieser Gruppe ursprünglich ebenfalls einen physischen Aufenthalt angestrebt hatte und nun Einbußen an physischen Kontakten mit Mitstudierenden und „Land und Leuten“ vor Ort hinnehmen musste. Vor diesem Hintergrund erscheinen die in dieser Gruppe erreichten Anteile von 70% bzw. 54% Zufriedenen dennoch als ein passables Ergebnis. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die hybriden und virtuellen Aufenthaltsarten zum Teil mit nur geringen Vorlaufzeiten begonnen wurden und mit Sicherheit noch Verbesserungspotential enthalten.

Dieses Potenzial gilt es weiter zu analysieren und künftig in die Praxis umzusetzen. Die Einschätzung, dass Formen der hybriden und virtuellen Auslandsmobilität künftig an Bedeutung gewinnen werden, wird auch in aktuellen internationalen Studien vertreten. So etwa in einer Studie der EUA, die in einer Umfrage unter 368 Hochschulen des Europäischen Hochschulraums eine Praktizierung virtueller Mobilität in immerhin 25% der Fälle feststellt. Die Autorinnen und Autoren kommen zu dem Schluss, dass insbesondere in Krisenzeiten oder in Situationen, in denen physische Mobilität erschwert oder nicht möglich sei, hybride und virtuelle Mobilitätsformen ein besonderes Potential entfalten können.¹ Virtueller Mobilität wird ferner der Effekt zugeschrieben, nach deren Praktizierung weitere physischer Mobilität auslösen zu können² sowie bei Studierenden Kompetenzen, wie z.B. interkulturelle Fähigkeiten und Einstellungen, vernetztes Lernen, aktive, selbstgesteuerte Lernfähigkeiten sowie Medien- und Digitalkompetenz zu fördern.³

Der in der vorliegenden DAAD-Befragung untersuchte Auftakt zur Praktizierung (teil-)virtueller Mobilitätsformen unter Corona-Bedingungen unter Studierenden deutscher Hochschulen kann ebenfalls – zu mindestens als teilweise – gelungen angesehen werden. Ohne die Vorteile physischer Auslandsmobilität in Abrede stellen zu wollen, erscheint es sinnvoll, gleichzeitig die Möglichkeiten hybrider und virtueller Mobilität als alternative Mobilitätsformen für bisher nicht-mobile Studierende weiter zu untersuchen – nicht zuletzt unter dem Aspekt der sozialen Teilhabe, des Umweltschutzes und der Nachhaltigkeit.

¹ Gaebel, M., Zhang, T., Stoeber, H. & Morrisroe, A. (2021). Digitally enhanced learning and teaching in European higher education institutions. European University Association, S. 24
² Lee, J., Leibowitz, J., & Rezek, J. (2021). The Impact of International Virtual Exchange on Participation in Education Abroad. Journal of Studies in International Education.
³ Rajagopal, K., Firssova, O., Beeck, I. O. de, Stappen, E. V. der, Stoyanov, S., Henderikx, P., & Buchem, I. (2020). Learner skills in open virtual mobility. Research in Learning Technology, 28.

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