Erasmus+ Enriching lives, opening minds.

Barbara A. H. Likus

Leitung Unterstützungsangebote für begleitet geflüchtete Kinder und Jugendliche, Innere Mission München

Infos zum Erasmus-Aufenthalt

Jahr: 2008
Art: Studium
Zielland: Rumänien, Sibiu
Fachrichtung: Sozialpädagogik und Theologie
Deutsche Hochschule: Evangelische Hochschule für Soziale Arbeit Dresden

Frau Likus im Bild
Foto: Josephin Schmid

Durch die Erfahrung der pauschalen Zuschreibungen für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen in Rumänien wurde meine Aufmerksamkeit für gruppenbezogene Bewertungen geschärft.

Im Wintersemester 2007/08 habe ich über das ERASMUS-Programm an der Universitatea Lucian Blaga in Sibiu, Rumänien studiert. Nach vorherigen Reisen im Rahmen von Jugendbegegnungen und Hilfsaktionen wollte ich dort auch einmal eine Weile leben. Einen Unterschied zwischen Deutschland und Rumänien habe ich vor allem im Studienalltag und den stärker strukturierten Lehrveranstaltungen bemerkt. Die Vorlesungen in Rumänien waren Veranstaltungen, in denen die Professorinnen und Professoren 90 Minuten aus ihrem Buch zum Thema vorlasen. Diskussionen und Dialoge, Austausch und Diskurs, wie ich es aus Deutschland kannte, waren dort nicht vorgesehen.

Neue Perspektiven

Neben vielen persönlichen Eindrücken hat sich vor allem mein Blick auf die deutsche Tradition und Kultur in Rumänien durch diesen Aufenthalt stark verändert. Die deutsche Minderheit und die konfessionelle Gruppe der protestantischen Christinnen und Christen in Rumänien sind nahezu deckungsgleich. Die jeweilige konfessionelle und kulturelle und sprachliche Prägung enthält das Potential zu einem Brückenbau in die rumänische Gesellschaft hinein. Jedoch habe ich erfahren, dass diese Merkmale eher zu einer Abschottung der deutschen Minderheit und nicht zu einer Öffnung in die Gesamtgesellschaft Rumäniens führen. Abschottung war auch das wesentliche Merkmal anderer Minderheitengruppen in Rumänien: zum Beispiel die ungarische Minderheit, welche zum Zeitpunkt meines Erasmus-Semsters ihre Nähe zu rechten Ideologien deutlich bei Demonstrationen zeigte. Die Roma-Minderheit wurde von den meisten anderen Gruppen abgewertet und nicht als Teil der rumänischen Gesellschaft gesehen. So stellte sich mir die Gesellschaft damals als verinselt und weitgehend nebeneinanderher lebend dar.

Identität und Offenheit

Diese Erfahrungen begleiten mich auch in meiner aktuellen Arbeit mit Familien. Ich leite ein Mutter-Kind-Haus in München, in dem Menschen unterschiedlicher Herkunft leben. Die Balance zwischen dem Wahren der eigenen Identität und der Offenheit für die Identitäten Anderer bzw. das Miteinander unterschiedlicher Identitäten empfinde ich als wesentliche gesellschaftliche Aufgabe hier in Deutschland und verfolge diesen Ansatz auch in meiner politischen Arbeit als Stadträtin in München.

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