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Elisabeth Kabatek

Autorin

Infos zum Erasmus-Aufenthalt

Jahr: 1988
Art: Studium
Zielland: Spanien, Salamanca
Fachrichtung: Spanische Philologie
Heimathochschule: Universität Heidelberg

Volker Schrank

Europa ist mir heute kostbar.

Ich war 1988 die erste ERASMUS-Stipendiatin des Romanischen Seminars Heidelberg. ERASMUS war damals ein einziges großes Fragezeichen. Weder meine Profs in Heidelberg noch ihre Kollegen im spanischen Salamanca wussten, wie das mit dem Stipendium funktionierte. Das war eine ziemliche Herausforderung und ich fühlte mich manchmal ein wenig alleingelassen. Klar war nur, dass es keine Studiengebühren gab und völlige "Barrierefreiheit", sprich: ich alle Veranstaltungen besuchen konnte, die mich interessierten, ohne Zugangsbeschränkung. Das gab mir wiederum eine große Freiheit.

Vorurteile ablegen

Mein Blick auf Europa hat sich durch das Stipendium weniger verändert als mein Blick auf Spanien. Ich hielt Spanien für ein rückständiges Land mit einem großen Nachholbedarf. Stattdessen traf ich auf Studierende, die extrem gut informiert waren und sich sehr in Richtung Europa orientierten. Ich warf eine Menge Vorurteile über den Haufen. Wir waren eine bunte Truppe von spanischen und ausländischen Studierenden und fühlten trotz deutlicher kultureller Unterschiede eine große Nähe zueinander. Die Bars und das Nachtleben in Salamanca waren ein nicht zu unterschätzender Faktor in diesem Studienjahr.

Tradition und Form

Das Studium dagegen empfand ich als extrem verschult. Es gab keine Seminare, nur klassische, frontale Vorlesungen. Referate oder eine sonstige aktive Beteiligung der Studierenden am Lehrbetrieb war nicht vorgesehen, das empfand ich als Nachteil. Selbstständiges Denken hatte einen deutlich niedrigeren Stellenwert als in Deutschland, worunter auch die spanischen Studierenden litten. Auch hatten wir in Heidelberg ein kollegialeres und viel weniger hierarchisches Verhältnis zum Lehrkörper als die Studierenden in Salamanca. Tradition und Form waren dort viel wichtiger.

Positiver Einfluss

Besonders in Erinnerung geblieben ist mir die große Offenheit der spanischen Studierenden und ihre Bereitschaft, Freundschaften zu schließen. Wir lernten gemeinsam auf die Abschlussklausuren und sprachen den Stoff durch. So bestand ich auch die Klausuren und mir wurden zwei Hauptseminarscheine in Heidelberg angerechnet. Eine weitere Folge des Stipendiums war, dass ich eine Stelle als wissenschaftliche Hilfskraft am Romanischen Seminar in Heidelberg bekam. Ich habe heute als Autorin nicht mehr direkt mit Spanien zu tun. Ich machte aber nach dem Studium ein Volontariat bei einem Verlag, der auf Spanien und Lateinamerika spezialisiert war. Anschließend ging ich als deutsch-spanische Übersetzerin nach Barcelona. Nach meiner Rückkehr nach Deutschland legte ich die Prüfung zur staatlich geprüften Übersetzerin für die spanische Sprache ab. Ohne mein ERASMUS-Stipendium hätte ich niemals so gut Spanisch gelernt.

Pulse of Europe

Europa ist mir heute kostbar. Aufgrund der ERASMUS-Erfahrung war es für mich immer sonnenklar, dass Europa immer mehr zusammenwachsen würde und wir irgendwann die Vereinigten Staaten von Europa haben würden. Dass es nun ganz anders gekommen ist, hätte ich niemals vorausgesehen. Insbesondere das EU-Referendum der Briten und der Brexit waren für mich ein böser Schock. Ich fühle mich nach wie vor als überzeugte Europäerin und engagiere mich beispielsweise bei "Pulse of Europe" in Stuttgart für die europäische Idee.

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