Erasmus+ Enriching lives, opening minds.

Svenja: Europa hautnah erleben in Brüssel

Svenja
Svenja / DAAD

Hallo alle zusammen (:
Ich bin Svenja, 20 Jahre alt und studiere mittlerweile im dritten Jahr Soziologie im Bachelor an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Im März 2023 beginnt mein dreimonatiges Praktikum bei der Vertretung des Landes Hessen bei der EU und ich nehme euch mit auf meine Reise nach Brüssel!
Brüssel fasziniert mich schon lange. So sehr, dass ich dafür im Sommersemester 2023 gänzlich auf Hörsäle verzichte. Nach zwei Auslandssemstern in Finnland und einem viermonatigen Praktikum im Libanon geht es für mich nun also endlich ins politische Zentrum der EU. Ich bin gespannt was mich erwartet…

In meinem letzten Beitrag werde ich euch abschließend noch ein kurzes Fazit zu meinem Praktikum geben, falls noch irgendjemand mit dem Gedanken spielt, sich für ein Praktikum in Brüssel zu bewerben.

1. Betreuung
Da jede*r Praktikant*in einem anderen Referat zugeteilt wird, ist die Qualität der Betreuung sehr unterschiedlich. Mein Referent hat sich wirklich sehr viel Mühe gegeben, mich in die Arbeitsabläufe miteinzubinden. Er hat sich die Zeit genommen mich in die Arbeitsschritte einzuführen und mir Feedback zu geben. Meistens konnte ich dabei sehr selbstständig arbeiten und beispielsweise auch viele Veranstaltungen besuchen, die mich persönlich interessiert haben. Auch das Arbeitsklima in der Hessischen Landesvertretung war wirklich sehr angenehm. Von meiner Zeit bei der Landesvertretung weiß ich jedoch auch, dass die Betreuung der Praktikant*innen in ein paar wenigen Referaten sehr zu wünschen übrig lässt. Es gibt durchaus Praktikant*innen die von ihren Referent*innen nicht so eine umfangreiche Betreuung erhalten.

2. Aufgaben
In einem vorherigen Beitrag bin ich bereits näher auf meine Aufgaben eingegangen. Viele Aufgaben wiederholen sich wöchentlich oder täglich, wobei ab und zu auch neue Aufgaben hinzukommen. Natürlich sind manche Aufgaben spannender als andere (wie bei jedem anderen Praktikum auch), doch wird dies oftmals durch das interessante Arbeitsumfeld in Brüssel wettgemacht. Besonders in den ersten Wochen meines Praktikums war es einfach super aufregend die einzelnen EU Institutionen von innen sehen zu können und dadurch das Gefühl zu bekommen, dass man wirklich mitten drin ist im Geschehen.
Da der Fokus der Landesvertretung auf der politischen Berichterstattung nach Wiesbaden liegt, hat es mir oftmals gefehlt einen direkten Impact meiner Arbeit zu sehen. Manchmal kam es mir so vor, als würde ein Großteil der Arbeit, die wir geleistet haben, nur in irgendwelchen Email-Postfächern verschwinden. Ob dies wirklich der Fall ist, vermag ich nicht einzuschätzen.

3. Arbeitsumfeld
Besonders bei Veranstaltungen bewegt man sich als Praktikant*in einer deutschen Landesvertretung doch schon ziemlich im eigenen Kreis. Dieser umfasst meist die anderen Landesvertretungen, die Ständige Vertretung sowie weitere deutsche (oder deutschsprachige) Interessensvertretungen. Um ehrlich zu sein, hatte ich mir den Arbeitsalltag internationaler vorgestellt, wobei man natürlich nicht ausschließlich in Deutsch(sprachigen) Kreisen unterwegs ist.
Des Weiteren ist mir immer wieder aufgefallen, welch hoher Stellenwert dem Networking in Brüssel zukommt. Es gibt eine Reihe von Veranstaltungen, deren einziges Ziel es ist, neue (berufliche) Kontakte zu knüpfen. Dies fand ich faszinierend, jedoch manchmal auch ziemlich anstrengend.

4. Finanzierung Praktikum
In Brüssel wird sich oft darauf berufen, dass unbezahlte Praktika in Brüssel normal seien. Es gibt Studierende, die sich einen mehrmonatigen Aufenthalt in Brüssel aus eigener Tasche nicht finanzieren können. Da Studierende erst ab mind. 60 Tage Praktikum eine Erasmus+ Förderung erhalten können, viele Praktikant*innen der Landesvertretungen jedoch nur 4-6 Wochen bleiben, erhält nicht jede*r die Erasmus+ Förderung. Vor allem Studierende die beispielsweise aufgrund einer BAFöG-Förderung in Regelstudienzeit ihren Abschluss machen müssen, können ein mind. 60 Tage Praktikum nicht immer in ihren Studienverlauf integrieren.
Ich würde mir wünschen, dass dieser Rückstand aufgeholt und eine Aufwandsentschädigung an die eigenen Praktikant*innen gezahlt wird, die es auch Studierenden aus einkommensschwächeren Familien erlaubt, ein Praktikum in Brüssel zu machen.

Insgesamt bin ich zufrieden mit meinem Praktikum in Brüssel. Ich habe wichtige und interessante Einblicke in die Arbeit auf EU Ebene erhalten. Vor meinem Praktikum war Brüssel für mich immer sehr abstrakt. Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, dass ich nun alles verstanden habe. Dies ist nicht der Fall. Aber ein gewisses Grundverständnis ist jetzt da, welches ich so schnell auch nicht wieder verlieren werde. Gleichwohl ich mir nicht vorstellen kann später in der Hessischen Landesvertretung zu arbeiten, bin ich dennoch froh, dass ich die Möglichkeit hatte dieses Praktikum zu machen.

Nachdem mein Praktikum in Brüssel nun bereits vorbei ist, an dieser Stelle nochmal eine kurze Auflistung der notwendigen Dokumente, die nach Abschluss eingereicht werden müssen. Bedenkt unbedingt, dass es in Bezug auf die Abschlussunterlagen, wie bereits bei den Bewerbungsunterlagen, sehr große Unterschiede geben kann, je nachdem an welcher Uni ihr studiert.

Binnen eines Monats nach Ende des Praktikums muss das von der Praktikumsstelle ausgestellte Zeugnis im Original per Post an die Kontaktstelle gesandt werden. Ebenso die Immatrikulationsbescheinigung für den gesamten Zeitraum des Praktikums, sowie ein ausführlicher Erfahrungsbericht, der Interessierten und zukünftigen Praktikant*innen als Orientierung dienen soll. Abgesehen von dem Erfahrungsbericht konnte ich diesen Punkt leider noch nicht abschließen, da ich zurzeit noch auf mein Praktikumszeugnis warte.

Eigentlich ist es zudem verpflichtend einen Participant Report auf der EU Survey Plattform der Europäischen Kommission zu bearbeiten. Dies ist nach Aussage der Fulda-Kontaktstelle jedoch zurzeit technisch noch nicht möglich. Ironischerweise war dies bereits vor über einem Jahr, nach Abschluss meines Erasmus Studiums in Finnland, nicht möglich.

Des Weiteren (und dies ist nach Rücksprache mit anderen Erasmus-Praktis eine Besonderheit der Fulda-Kontaktstelle) musste ich, verteilt über den gesamten Zeitraum meines Praktikums, insgesamt fünf Module eines interkulturellen Begleitkurses „Hands-on Learning: Prepare yourself for an intercultural workplace“ abschließen. Dies ist verpflichtend, da ansonsten die Erasmus-Förderung zurückverlangt werden kann.

Der Begleitkurs ist eigentlich recht simpel. Es geht im Wesentlichen darum, dass ihr eure Erwartungen und Erfahrungen während eures Praktikums reflektiert. Wie der Name vermuten lässt, geht es dabei insbesondere um kulturelle Unterschiede. Das Ganze ist interaktiv gestaltet, sodass ihr euch mit anderen Praktikant*innen online austauschen könnt. Pro Kurs habt ihr 10 Tage Zeit um diesen abzuschließen. Meist gibt es für die einzelnen Aufgaben keine festgelegten Deadlines, sodass ihr flexibel planen könnt, wann genau während der 10 Tage ihr die Aufgaben eines Kurses bearbeitet. Das Ganze nimmt nicht viel Zeit in Anspruch, sodass es prinzipiell gut möglich ist die Bearbeitung der Kurse in den Arbeitsalltag zu integrieren. Wohingegen ich die Idee eines Begleitkurses durchaus unterstützendwert finde, muss ich zugeben, dass ich die Umsetzung nicht gut fand und persönlich auch keinen Mehrwert sehen konnte. Gerade nach einer 40+ Stunden Woche musste ich mich wirklich dazu zwingen, die Kurse zu bearbeiten.

Insgesamt fand ich, dass sich der organisatorischen Aufwand meines Erasmus Praktikums, im Vergleich zu meinen Erasmus Semestern in Finnland, sehr in Grenzen hielt. Die Verantwortlichen der Kontaktstelle in Fulda waren stets hilfsbereit und haben mir all meine Fragen beantworten können. Die Auszahlung meiner Erasmus-Förderung hat jedoch länger gedauert als gedacht, sodass ich das Geld erst in meiner zweiten Praktikumswoche (nach Nachfrage meinerseits) erhalten habe. Dies war für mich kein Problem, allerdings sollte erwartet werden können, dass das Geld bei fristgerechter Einreichung aller Unterlagen auch vor Beginn ausgezahlt wird. Die finanzielle Belastung vor Beginn des Praktikums ist bereits durch Miet- und Anreisekosten sehr hoch. Wird das Geld erst nach Beginn des Praktikums ausgezahlt, kann dies Studierenden mit weniger finanziellen Rücklagen Schwierigkeiten bereiten.

Gerne möchte ich zukünftigen Praktikantinnen und Praktikanten noch ein paar Empfehlungen zur Freizeitgestaltung mit auf den Weg geben:

Haus der Europäischen Geschichte
Das Haus der Europäischen Geschichte befindet sich im Brüsseler Europaviertel in unmittelbarer Nähe zum Europäischen Parlament. Der Eintritt ist frei und die Audioguides vor Ort sind in allen 24 Amtssprachen der EU erhältlich. Auf der Website steht, dass für einen Besuch des Museums ca. 90 Minuten eingeplant werden sollten. Aus eigener Erfahrung kann ich jedoch sagen, dass ich auch innerhalb von drei Stunden nicht alles sehen konnte. Bringt also unbedingt genügend Zeit mit. Ansonsten ist das Haus der Europäischen Geschichte eine gute Möglichkeit den vielen Regentagen in Brüssel zu trotzen.

Promenade Verte
Zu Ostern wollte ich unbedingt ins Grüne, habe mir eines der Villo City Bikes geschnappt und bin ca. 40 km durch die (ländlichen) Randgebiete von Brüssel gefahren. Die Tour geht eigentlich 60 km und umrundet ganz Brüssel. Wenn ihr das schaffen wollt, solltet ihr allerdings nicht wie ich erst nachmittags losfahren. Ich würde außerdem empfehlen sich ein Fahrrad zu leihen, dass auch für etwas unebener Strecken vorgesehen ist. Mit meinem City Bike hatte ich hier ab und zu doch schon ein paar Schwierigkeiten. Davon abgesehen ist die Strecke aber wirklich gut ausgeschildert und ihr werdet genügend Möglichkeiten haben, Pausen an Seen, Wäldern und Parks einzulegen.

Feierabendbier
In Brüssel gibt es einige schöne Orte um bei einem Bier (oder in meinem Fall Wein) den Abend ausklingen zu lassen. In der Nähe der EU-Institutionen befindet sich Maison Antoine, eine belgische Pommesbude, am Place Jourdan. Mit den Pommes könnt ihr euch in alle Bars und Kneipen auf diesem Platz setzen.
Ebenfalls empfehlenswert ist ein Abstecher zum Place St. Gery wo sich Cafés, Bars und Restaurants aneinanderreihen.
Donnerstags nach Feierabend wirst du viele Menschen am Place du Luxembourg (Plux), direkt vor dem Europäischen Parlament, antreffen können. Dort treffen sich überwiegend junge Menschen, die in einer der EU-Institutionen oder Interessensvertretungen arbeiten bzw. ein Praktikum machen, um sich bei Bier und Wein zu unterhalten und neue Kontakte zu knüpfen. Die Donnerstage am Plux werden aber definitiv nicht jedem gefallen, geht es doch viel um Networking.

Antwerpen, Brügge, Gent & Co
Wenn man schon in Brüssel ist, sollte man auch etwas vom Rest Belgiens gesehen haben. Kurze Städtetrips in andere belgische Städte lassen sich von Brüssel aus sehr einfach planen. Mit dem Zug erreicht man die meisten belgischen Städte bereits in 1-2 Stunden. Die Tickets könnt ihr ganz einfach vor Ort am Bahnhof kaufen, oder in der SNCB App. Ein einfaches Ticket für junge Erwachsene unter 25 kostet (Stand 2023) 7,10€. An Wochenenden gibt es auch extra Weekend Tickets, mit denen ihr bei eintägigen Trips noch günstiger wegkommt.
Am besten haben mir Antwerpen, Gent und Brügge gefallen. Wobei die beiden letzteren besonders an Wochenenden doch schon häufiger von Touristen überrannt werden. Lüttich andererseits konnte mich leider überhaupt nicht überzeugen und auch von der belgischen Küste bin ich nicht der größte Fan.

Luxemburg, Maastricht, Dover
Auch Ausflüge nach Luxemburg, die Niederlande, Frankreich und England sind von Brüssel aus problemlos möglich. Nach Luxemburg, die Niederlande und Frankreich könnt ihr einfach den Zug nehmen. Dies ist wohl der schnellste und günstigste Weg. Flixbus ist jedoch definitiv auch eine Möglichkeit und vor allem für Trips nach Paris deutlich erschwinglicher. Um nach Dover (England) zu kommen, habe ich von Calais (Frankreich) die Fähre genommen, kann dies jedoch nicht empfehlen, da es wahnsinnig aufwändig und zudem sehr fußgängerunfreundlich ist. Wenn ihr über ein langes Wochenende nach England wollt, kann sich die Reisezeit und der Aufwand schon eher lohnen.

Ich hoffe ich konnte hiermit ein paar gute Freizeitideen für Brüssel und Umgebung liefern. Falls du einmal weitere Tipps für Brüssel und Umgebung suchst, wirst du bei visit.brussels , welovebrussels , visitflanders oder visit.wallonia ganz bestimmt fündig werden.

Halbzeit! Sechs Wochen meines Praktikums sind tatsächlich schon vorbei. Dies habe ich mal als Anlass genommen, meine Aufgaben näher auszuführen.
Die Aufgaben der Praktikantinnen und Praktikanten unterscheiden sich sehr, abhängig davon, welchem Referat man zugeteilt wurde. Insgesamt gibt es zehn Referate, z.B. Referat für Wirtschaft, Referat für Umwelt, Referat für Digitales. Nicht alle Referate haben zeitgleich Praktikantinnen und Praktikanten. Auf die zehn Referate verteilen sich normalerweise bis zu max. sechs Praktikantinnen und Praktikanten. Anders als ich vor Beginn meines Praktikums angenommen habe, besteht ein Referat lediglich aus der entsprechenden (meistens vom jeweiligen Ministerium aus Wiesbaden abgesandten) Referatsleitung. Ich wurde dem B/B9, also dem Referat für Soziales, Integration, Arbeit und Gesundheit zugeteilt.

Ich erstelle zweimal täglich eine Presseschau zu referatsrelevanten Nachrichten von EU Institutionen, EU-Agenturen, Fraktionen, Ausschüssen, Interessensvertretungen und Presse. Auf dieser Grundlage entscheidet mein Referent zu welchen dieser Themen ich einen Beitrag für den Bericht aus Brüssel (BaB), dem öffentlich einsehbaren Newsletter der Hessischen Landesvertretung, schreiben soll. Schaut also gerne mal rein (:
Zu politisch besonders relevanten Themen muss zudem ein Vermerk erstellt werden. Diese dienen der internen Kommunikation mit dem jeweiligen Ministerium und sind dementsprechend auch nicht öffentlich einsehbar. Vermerke sind einfach gesagt Policy Briefings und enthalten Details, Hintergrundinformationen sowie Ausführungen zu den Implikationen für das Land Hessen. Vermerke könne sich z.B. auf Gesetzesvorschläge, EuGH Urteile oder aber auch einfache Pressemitteilungen beziehen.
Einmal wöchentlich erstelle ich außerdem eine Wochenschau zu Terminen, Veranstaltungen, Sitzungen und Tagungen der EU-Institutionen zu referatsrelevanten Themen.
Ein großer Bestandteil meines Praktikums ist zudem der Besuch externer Veranstaltungen. Da mein Referat thematisch breit gefächert ist, wird es hier auf jeden Fall nicht langweilig. So habe ich bereits Veranstaltungen zu ganz unterschiedlichen Themen besucht: z.B. zu Elektromobilität, zur Situation in Afghanistan, zum European Green Deal und antimikrobiellen Resistenzen. Diese Events werden von Fraktionen, EU-Institutionen oder sonstigen Interessensvertretungen veranstaltet. Ein Highlight ist es natürlich immer, wenn diese Veranstaltungen im Europäischen Parlament stattfinden. Zu jeder dieser Veranstaltungen fasse ich die wesentlichen Punkte in einem Veranstaltungsbericht zusammen.
Mein Referent legt zudem großen Wert darauf, dass ich einen guten Einblick in die Arbeit der EU-Institutionen bekomme. Aus diesem Grund wurde mir aufgetragen doch gerne in der Arbeitszeit Kommission, Rat und Parlament zu besuchen. Auch an einer Sitzung des FEMM Ausschusses (Ausschuss für die Rechte der Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter) konnte ich durch Kontakte meines Referenten bereits teilnehmen.
Parallel zu meinen täglichen Aufgaben, arbeite ich (wenn immer möglich) an einem Bericht über den Schutz der LGBTQ-Community auf Europäischer Ebene.

Neben den referatsrelevanten Aufgaben, wird die Hilfe der Praktikantinnen und Praktikanten regelmäßig für interne Veranstaltungen (zumeist Abendveranstaltungen) benötigt. Dies sind überwiegend sehr einfache Hostesseaufgaben, die aber trotzdem erledigt werden müssen. Dazu zählen z.B. die Einlasskontrolle und Begrüßung von Gästen und das Austeilen von Kopfhörern für die Übersetzung der Veranstaltungen. Die Häufigkeit dieser Veranstaltungen variiert von Woche zu Woche, zu bestimmten Zeiten ist es jedoch durchaus möglich jeden zweien Abend auf einer solchen Veranstaltung eingebunden zu sein.

Bevor ich nach Brüssel kam, hatte ich ehrlich gesagt nur eine sehr grobe Vorstellung von dem, was die Vertretungen der einzelnen Bundesländer angeht. Da ich damit bestimmt nicht die Einzige bin, möchte ich diese Möglichkeit nutzen, um mittels meiner bisher gesammelten Eindrücke etwas Licht ins Dunkel zu bringen!

Hessische-landesvertretung Brüssel

Svenja/DAAD

Die Hessische Landesvertretung teilt sich in unmittelbarer Nähe zu den EU Institutionen im Brüsseler Europaviertel ein Bürogebäude mit den Vertretungen der drei Partnerregionen aus Italien, Frankreich und Polen. Wie sich daraus bereits schließen lässt, sind die deutschen Länder nicht die einzigen regionalen Interessenträger auf europäischer Ebene. Neben Regionen aus anderen Mitgliedstaaten, haben zahlreiche Interessenverbände Büros in Brüssel.
Natürlich bleibt die Frage, was die Hessische Landesvertretung (oder die Landesvertretungen allgemein) denn jetzt eigentlich in Brüssel macht. Zum einen berichten sie aus Brüssel nach Hessen. Die Referentinnen und Referenten stehen in der Pflicht, Wiesbaden über aktuelle Geschehnisse und Entscheidungen auf EU Ebene entsprechend ihres Fachgebiets auf dem Laufenden zu halten. Im Idealfall sollten die Berichte, die nach Wiesbaden gehen dort natürlich noch vor etwaigen Presseartikeln eintreffen.

Zudem repräsentiert die Landesvertretung die Interessen von Hessen in Brüssel. Ziel ist es natürlich zunächst Politik auf europäischer Ebene zugunsten des Landes Hessen zu beeinflussen. Da die einzelnen Länder aber nicht etwa über ein formelles Vetorecht verfügen, geschieht dies meist indirekt durch gutes Networking und Veranstaltungen zu priorisierten Themen. Doch auch kulturell wird das Land Hessen durch die Landesvertretung repräsentiert. Aus diesem Grund stehen neben Veranstaltungen zu aktuellen politischen Themen auch regelmäßig Veranstaltungen zu Kunst, Literatur, Sport & Co auf dem Programm. Dies reicht von einer etwas formelleren Version des Public Viewing eines Eintracht Frankfurt Spiels, bis zu Ausstellungen über Schlösser und Gärten in Hessen (und anders als ich zuvor angenommen hatte, sind diese Veranstaltungen auch immer gut besucht).

Ich hoffe ich konnte euch einen ersten Eindruck von der Arbeit der hessischen Landesvertretungen verschaffen. In einem separaten Beitrag dann nochmal mehr zu meinen täglichen Aufgaben.

Meine ersten Tagen in Brüssel

Nun, etwa eine Woche nach meiner Ankunft in Brüssel, muss ich zugeben, dass ich noch nicht wirklich viel Zeit hatte die Stadt zu erkunden. Nichtsdestotrotz, wollte ich euch meine ersten Eindrücke und einige hilfreiche Tipps für Brüssel geben.

Waffeln-in-brüssel
Svenja/DAAD


STIB Ticket
Das öffentliche Verkehrsnetz in Brüssel ist wirklich sehr gut. Auch wenn ihr wie ich nicht in unmittelbarer Nähe zu eurem Praktikumsplatz wohnt, werdet ihr sicherlich kaum Probleme haben von A nach B zu kommen. Für Studierende unter 25 Jahre ist es zudem unglaublich günstig. Für 12€ (+5€ für die personalisierte Karte) könnt ihr zwölf Monate lang die öffentlichen Verkehrsmittel in Brüssel unbegrenzt nutzen. Bringt dafür am besten bereits eure ausgedruckte Immatrikulationsbescheinigung und ein Foto in Passfotoformat mit nach Brüssel, um euch dort den Aufwand zu ersparen diese vor Ort ausdrucken zu müssen. Damit (und eurem Personalausweis) geht ihr dann zu einem der BOOTIK Stores und erhaltet noch vor Ort euer Ticket. In meinem Fall hat die hessische Landesvertretung die Kosten meines Tickets vollständig übernommen.
Falls ihr älter als 25 Jahre seid, könnt ihr auch ein Monatsticket für 49€ kaufen.
Es gilt allerdings zu beachten, dass die öffentlichen Verkehrsmittel in Brüssel nachts nicht (oder aber nur sehr eingeschränkt) operieren. Die letzte Metro zu meinem Apartment fährt unter der Woche beispielsweise bereits um ca. halb eins.

Supermärkte
Die Supermärkte in Brüssel sind tatsächlich teurer als ich es erwartet habe. Aus preislicher Sicht empfiehlt es sich, vor allem größere Einkäufe bei Lidl oder Aldi zu tätigen. Wochenmärkte (von denen es in Brüssel viele verschiedene gibt) wurden mir, insbesondere für Obst und Gemüse, ebenfalls von mehreren Leuten empfohlen, wobei ich bisher leider noch keine Möglichkeit hatte einen zu besuchen. Auch in Restaurants und Cafés müsst ihr damit rechnen, etwas höhere Preise als in Deutschland zu zahlen.

Wetterfeste Kleidung
Seit ich hier angekommen bin, hat es so gut wie jeden Tag geregnet. Laut meiner Kolleginnen und Kollegen ziemlich typisch für Brüssel. Ich empfehle also dringend einen guten Regenschirm und wetterfeste Kleidung auf die Packliste für Brüssel zu setzen.
Da diese Woche meine erste Praktikumswoche war, habe ich viel Zeit im Büro verbracht. Aus diesem Grund hielt sich meine Sightseeing-Tour bisher in Grenzen. Für einen kurzen Abstecher zum Grand-Place hat es jedoch gereicht. Ebenso für die ein oder andere belgische Waffel und Belgische Fritten.

Meine Anreise

Am 03. März, ein paar Tage vor Beginn meines Praktikums, bin ich mit dem Flixbus nach Brüssel angereist. Von Frankfurt aus bot sich dies an, da Brüssel mit dem Flixbus in nur etwa 6,5 Stunden zu erreichen ist!
Die Fahrt begann beinahe pünktlich am Frankfurter Hbf. über Köln, Aachen und Liège ging es zum Gare du Nord in Brüssel. Wohingegen die Fahrt größtenteils problemlos verlief, erwartete uns in Brüssel das reine Verkehrschaos. Am Freitag den 03. März demonstrierten tausende Landwirte gegen die Stickstoffpläne der flämischen Regionalregierung. Ca. 2700 Traktoren blockierten die Straßen Brüssels und legten den Verkehr zeitweise lahm. Dementsprechend verbrachten wir über zwei Stunden in Brüssels Innenstadt.
Am Gare du Nord angekommen, war ich um ehrlich zu sein erstmal ziemlich planlos, wie ich zu meiner Wohnung kommen sollte. Nach einigen Nachfragen und einigen gescheiterten Anläufen schaffte ich es schlussendlich die richtige Haltestelle und die richtige Metro zu finden.
Trotz der Probleme hat es sich, meiner Meinung nach, gelohnt den Flixbus zu nehmen. Für die gesamte Fahrt inklusive Gepäck habe ich ca. 30 € gezahlt und damit deutlich weniger als für den ICE. Je nachdem von wo man anreist, kann es sich aber eventuell aus zeitlichen Gründen lohnen den Zug zu nehmen.
Für die An-/Abreise mit einem nachhaltigen Verkehrsmittel (z.B. Zug, Bus, Fahrgemeinschaft) kann man einen Zuschuss für „Grünes Reisen“ (Erasmus+ Green) beantragen. Der Zuschuss umfasst eine einmalige Zahlung von 50 €. Auch eventuell anfallende Reisetage können mit zusätzlichen Tagessätzen bezuschusst werden.
 

Foto Anreise
Svenja / DAAD

Wohnungssuche

Nach Praktikumszusage und Bestätigung der Erasmus+ Förderung musste ich mich dringend auf die Suche nach einer geeigneten Unterkunft machen. Wie schwierig sich dies gestalten sollte, ahnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Generell empfiehlt es sich vorab bei der Praktikumsstelle nachzufragen. Oftmals pflegen diese Listen oder Guides für ihre Praktikant:innen mit Tipps und Empfehlungen für Wohnungssuche und Co. Auf Nachfrage erhielt ich auch von der hessischen Landesvertretung eine solche Liste.
Facebook Gruppen waren meine erste Anlaufstelle. Hier einige Facebook Gruppen, die ich für meine Suche verwendet habe: Bruxelles: Loc & Coloc; BRUXELLES: Location appartement, Colocation, Sous-location chambre à louer; Wonen in Brussel; Bxl à Louer – de bouche à oreille (2). Die meisten Beiträge sind auf Französisch oder Flämisch, Google Übersetzer war dementsprechend mein bester Freund in dieser Zeit. Die Suche gestaltete sich nicht ganz so einfach, wie erwartet. Die meisten WGs suchen nach Mieter*innen, die mindestens sechs Monate bleiben, Französisch sprechen und im gleichen Alter sind. Hat man dann einmal ein passendes Angebot gefunden, haben bereits dutzende Leute ebenfalls ihr Interesse bekundet. Die Nachfrage in Brüssel nach bezahlbarem Wohnraum für kurzfristige Aufenthalte ist hoch, das Angebot nicht ausreichend. Aufgrund der hohen Nachfrage erhält man oftmals auch nur Absagen oder aber gar keine Antwort. Seid bitte vorsichtig damit im Voraus Geld zu überweisen, da sich in diesen Facebook Gruppen auch viele Scams tummeln.
Alternativen bieten Hostels und diverse Unternehmen, die Zimmer ganz gezielt an (meist internationale) Trainees, Praktikant:innen und Studierende vermieten. Diese haben den Vorteil, dass sie relativ einfach zu buchen sind, sind jedoch auch wesentlich teurer und nicht immer vertrauenswürdig. Insbesondere, für den Fall, dass ihr vor kurz vor Beginn eures Praktikums immer noch nichts gefunden habe, empfiehlt es sich kurzfristig ein Hostelzimmer zu mieten und vor Ort nach einer geeigneten Unterkunft zu suchen.
Generell sind Zimmer in Brüssel schwierig zu finden und relativ teuer. Um ein Zimmer in einer WG in Brüssel zu finden, würde ich definitiv genug Zeit und mindestens zwischen 500 und 600 Euro einplanen!
Mein Zimmer in Woluwe-Saint-Lambert habe ich schlussendlich über eine der oben genannten Facebook Gruppen gefunden. Für knapp 600 € werde ich mir in den nächsten drei Monate eine Wohnung mit einer wirklich sehr netten Studentin aus Frankreich teilen. Meine nicht vorhandenen Französischkenntnisse können also nur besser werden (:

Foto Wohnungssuche_
Svenja / DAAD

Erasmus+ Bewerbung
 

Die Bewerbung um eine Erasmus+ Förderung gestaltete sich überraschend unkompliziert. Nach Einreichung von Lebenslauf, Motivationsschreiben, Immatrikulationsbescheinigung, Praktikumszusage, Versicherungserklärung und Anerkennungsbescheinigung erhielt ich bereits nach wenigen Wochen eine Zusage.
Die monatliche Pauschale variiert je nach Land, fällt jedoch wesentlich höher aus als die Erasmus+ Förderung für ein Auslandssemester. Demnach erhaltet ihr, je nach Land, monatlich zwischen 690 € und 750 €. Belgien befindet sich in Ländergruppe 2 – 690 €.
Neuerdings können auch erwerbstätige Studierende und Studierende aus Erstakademikerfamilien einen monatlichen Zuschlag von 250 € erhalten. Diese Social Top-Ups standen bis 2022 nur Studierenden mit Kind, behinderten oder chronisch kranken Studierenden zu. Da die Beantragung dieser Zusatzförderung zeitgleich mit den restlichen Bewerbungsunterlagen eingehen muss, sollte man sich definitiv frühzeitig darüber informieren. Eine nachträgliche Beantragung ist nicht möglich.
Außerdem ist es möglich einen Zuschuss für „Grünes Reisen“ zu erhalten (bei An-/Abreise mit nachhaltigen Verkehrsmitteln). Auch dieser muss zeitgleich beantragt werden.
Das einzig Nervige ist die Abgabe des Learning Agreements und des Grant Agreements nach Zusage des Stipendiums. Diese kommen jedoch mit detaillierten Anweisungen zum weiteren Vorgehen. Das Grant Agreement ist schnell und einfach selbst auszufüllen, muss jedoch als Original per Post an die zuständige Abteilung geschickt werden. Das Learning Agreement wiederrum muss von allen beteiligten Parteien (Trainee + supervisor at receiving organisation + responsible person at sending institution) ausgefüllt und unterschrieben werden, was etwas Zeit in Anspruch nehmen kann.
Danach heißt es eigentlich nur noch abwarten, bis die nächste Auszahlung der Stipendien stattfindet. Je nach Arbeitssprache eures Praktikumsplatzes wartet noch ein Sprachtest auf euch.

Ich hoffe ihr habt einen ersten Eindruck vom Bewerbungsprozess erhalten. Seid jedoch bitte gewarnt, dass einzelne Schritte je nach Universität abweichen können. Informiert euch also bitte nochmal selbst auf eurer Uni Website über Bewerbungsfristen und benötigte Unterlagen (:

Im Laufe meines Studiums habe ich mich schon unzählige Male mit den theoretischen Abläufen einzelner EU-Institutionen beschäftigt und mich seitenlang durch Policy Paper gekämpft. „Brüssel“ blieb für mich jedoch stets abstrakt und Wissenslücken gibt es leider immer noch. Gerade deshalb hielt ich es für unausweichlich zumindest einige Monate an dem Ort zu verbringen, an dem die Politik aller 27 EU-Mitgliedsstaaten zusammenläuft. In der Welt der Sozialwissenschaften führt kein Weg an Brüssel vorbei.

Da stand ich nun also im September 2021, überwältigt  von den ganzen verschiedenen Praktikumsangeboten in Brüssel. Ohne einen bereits abgeschlossenen Bachelor und ohne nennenswerte Französischkenntnisse ließ sich die Auswahl jedoch recht schnell eingrenzen. Aus Zufall stieß ich bei meinen Recherchen auf einen Erfahrungsbericht einer Studentin, die ihr Pflichtpraktikum bei einer der Landesvertretungen in Brüssel absolviert hatte.

Auch wenn es bei den meisten Landesvertretungen möglich ist sich auch ohne Bezug zum jeweiligen Bundesland um ein Praktikum zu bewerben, war die hessische Landesvertretung meine erste Wahl, da ich aus Hessen stamme und hier ebenfalls studiere. Praktika bei der Vertretung des Landes Hessen bei der EU sind unbezahlt und dauern in der Regel zwischen vier bis maximal zwölf Wochen. Das Praktikum wird in einem der Referate absolviert (z.B. Referat für EU-Finanzmarktpolitik, Referat für Soziales und Integration, Referat für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen), wobei ich bei der Bewerbung keinerlei Präferenzen angegeben habe, sodass mein tatsächliches Einsatzgebiet eine Überraschung bleibt.
Zwischen den Landesvertretungen gibt es deutliche Unterschiede was das Bewerbungsverfahren, die Bewerbungsvorrausetzungen und die Vergütung der Praktika angeht. Es lohnt sich also definitiv bei der Suche nach einem Praktikumsplatz bei verschiedenen Bundesländern anzufragen.
Meine Bewerbung, bestehend aus Motivationsschreiben, Lebenslauf und Transkript, schickte ich dann Ende Oktober 2021 ab und erhielt bereits im November eine Zusage.
Insgesamt verlief der Bewerbungsprozess wirklich reibungslos und unkompliziert. Ich hatte weder ein Bewerbungsgespräch, noch musste ich irgendeinen Test oder schriftliche Arbeitsprobe abgeben. Jedoch müsst ihr bedenken, dass in den meisten Fällen eine frühzeitige Bewerbung (in meinem Fall ca. 16 Monate) und Flexibilität bei dem Praktikumszeitraum nötig sind.
Mehr über meine Aufgaben bei der Vertretung erfahrt ihr zu einem späteren Zeitpunkt in einem separaten Beitrag.

Nach oben